Freitag, 30. Dezember 2011

Bali

Bali, ein Zwischenziel auf meiner Reise, auf das ich mich schon seit Längerem gefreut habe. Am Mittag stehe ich vor dem beschaulichen Flughafengebäude, das sich mit seinem roten Ziegelspitzdach und den reichlichen Verzierungen kaum von den umliegenden Gebäuden unterscheidet. Im Inneren dichtes Gedränge. Genervt quetschen sich die ankommenden Touristen durch die Nadelöhre der Kontrollpunkte. Der kleine Flughafen scheint mit der Abfertigung eines einzigen Fliegers überfordert zu sein. Auch am Ausgang klingt das Chaos nicht ab. Vor den Toren der Wartehalle mischen sich die gewohnten Heerschaaren an Taxifahren dazu und prabbeln wild gestikulierend auf die potentielle Kundschaft ein. Einen feinen Unterschied gibt es dennoch: Wurde ich in China noch mit "Sir" angesprochen, hieß es in Thailand schon "my friend". In Malaysia war ich "the boss" und hier in Indonesien sprechen sie dich mit: "Hey bro, where are you going?" an. Vom ersten Augenblick an scheint es hier also eine Spur familiärer zuzugehen.. ;)



  
Kurze Zeit später sitze ich wieder auf dem Roller. Die Touristenhochburgen im Süden, mit den hoffnungslos verstopften Straßen und all dem Trubel, habe ich bereits nach der ersten Nacht hinter mir gelassen. Clubs und Party in Kuta und Seminyak, all das erinnert mich irgendwie an Mallorca. Ist zwar auch ganz nett, aber eben nicht das, was Bali wirklich ausmacht. So glaube ich zumindest. Und so ist nach einem kurzen Zwischenstopp für ein paar Erledigungen in Balis Hauptstadt Denpasar der Weg in Richtung Westen frei - nach Tannah Lot, einem altehrwürdigem Küstentempel, den ich noch vor Sonnenuntergang erreiche. Keine zwei Stunden später verschwindet die Sonne am Horizont und hüllt den gesamten Himmel in ein wunderschönes Abendrot. Die Wasseroberfläche sieht aus aus würde sie glühen. Das Farbenspiel ist hier noch schöner, als ich es beim Fussballspielen am Strand von Kuta gesehen habe. Vor den Touren des Tempels wirft ein Angler seine Route in kleine Rinnsale und Pfützen, die sich nach jeder Welle für einen Moment in der unregelmässigen Oberfläche der Felsformationen bilden. Wenig später sind nur noch seine schwarzen Konturen zu sehen. Unermütlich in den sich ständig wiederholenden Bewegungen. Hinter ihm löscht man in dem hoch aufragenden Tempel schon alsbald das Licht und lässt die Finsternis auch über die letzten erleuchteten Bereiche triumphieren. Die Felsen füllen sich mehr und mehr mit Krabben, die im Schutze der Dunkelheit aus ihren Spalten hervor kriechen. Eine mystische Umgebung ist es nun, in der das Einzige was bleibt das ständige Kommen und Gehen des Wassers ist. Angetan fahre ich weiter. Eine riskante Nachtfahrt, in der es mir aufgrund der rasenden LKW's ein ums andere Mal Ansgst und Bange wird. Es ist fast Mitternacht, als ich an die Tür einer kleinen Pension klopfe und wenig später mein Schlafquartier beziehe. Inklusive Ameisen, Mücken und was sonst noch so in den dichten Wäldern Balis kreucht und fleucht. Auch ein paar Geckos schauen mich über Kopf an der Decke klebend mit großen Augen an. An der unweit entfernten felsigen Küste brechen sich in einem gleichmäßig donnernden Grollen die Wellen und wiegen mich in dieser einsamen Nacht in den Schlaf.


 
 

Am nächsten Morgen werde ich durch lautes Geschrei und Gepolter geweckt. Zwei Katzen haben sich auf dem Dachboden in den Haaren. Auf dem Hof stehend kräht der Hahn und leutet den bevorstehenden Tag ein. Dank des zuverlässigen Anti-Moskito-Sprays bin ich in der Nacht gänzlich unversehrt geblieben. Nach einem kleinen Frühstück am Meer breche ich auf, denn die Sonne beginnt schon wieder tüchtig, die Luft aufzuheitzen. Da ist der Fahrtwind richtig angenehm.
Schon nach ein paar weiteren Kilometern beginnt sich die Szenerie zu verändern, knattere ich mit meinem Rucksack zwischen den Beinen durch Reisfelder und kleine beschauliche Ortschaften. Aber nicht nur die Landschaft, auch die Menschen verändern sich mit - schauen dir nach und schenken dir ihr Lächeln. Manchmal ein wenig verwundert, manchmal scheinen sie froh zu sein, dass es jemand heraus schafft aus diesem Touristenkessel, in dem auch Bali irgendwo zwischen Kommerz und mehr Schein als Sein gefangen ist. Ohne Frage ist der Tourismus hier für viele das täglich Brot, jedoch offenbart er unübersehbar, was dadurch verloren geht. Wie sehr er die Menschen, ihre Grundsätze und Gewohnheiten verändert. Mal ganz davon abgesehen, was er landschaftlich anrichtet. Aber glücklicherweise hat sich Bali bis heute auch noch eine andere Seite bewahren können. Landschaftlich in seinem weitläufigen Nationalpark oder kulturell im Inneren der Insel, das geschützt durch die großen Bergmassive wie von der Außenwelt isoliert zu sein scheint. Hier begegnen dir Menschen, die mit einer Offenherzigkeit auf dich zugehen, wie man es wohl nur noch selten vorfindet. Stehen Kinder in ihren Schuluniformen winkend am Wegesrand, auf dem Weg zu ihren Familien, um gesellig beisammen zu sitzen. Enten wackeln über die Straße, Grillen zirpsen laut vor dich dahin. In der mit Tempeln übersähten Landschaft liegt eine kraftgebende friedliche Stimmung der Ruhe und Besinnung in der Luft, der man sich nur zu gern hingibt. Hart aber unmissverständlich wird einem vor Augen geführt, wie wenig eigentlich ausreichend ist, um glücklich zu sein. Entweder im Schritttempo oder den fahrbaren Untersatz irgendwo abgestellt erkunde ich diesen hoch liegenden wudervollen Teil Balis, in dem nach traditionellem Glauben die guten Götter zu Hause sind. Das Böse verbirgt sich im Meer, das viele Balinesen meiden. Ein Grund dafür, dass ein Großteil der einheimischen Bevölkerung nicht schwimmen kann. Das Wasser der umliegenden Quellen ist dafür umso heiliger und insbesondere die Warmen dienen in den frühen Morgenstunden als Bad und Gebetsstätte. Unweit der großen Zentren ist es mit der Ruhe nach der Ankunft der ersten Touristenbusse gegen Vormittag allerdings vorbei. Dort habe ich Touristen gesehen, die während der Gebete rücksichtslos dazu gestiegen sind. Ohne Feingefühl und dem Verstand für traditionelle Gegebenheiten ihre Kameras, gehandhabt wie eine Waffe, auf die Einheimischen richten und damit nicht nur den Moment sondern auch die Menschen in ihren gewohnten Abläufen stören. Wenn man sich Zeit nimmt, kommen die Menschen jedoch von ganz allein auf einen zu, reichen dir die Hand und sind genauso an dem sonderbaren Fremden interessiert wie umgekehrt. Die Bilder sind nach einer höflichen Frage und dem respektvollen Umgang miteinander dann auch umso schöner. Einige haben aber wohl noch nicht begriffen, dass wir hier nicht im Tierpark sind. Aber in der weit zurückreichenden Geschichte musste sich die kleine Insel schon immer äußerer Einflüsse erwehren, wie zum Beispiel der Unterdrückung der vom Handel besessenen Holländer, die bis heute hier ihre Spuren hinterlassen haben.
Glücklicherweise gibt es aber noch diese Gebiete, in denen sich selten Touristen verlaufen. Weit oben in den Höhenlagen, auf fast 2000 Meter über Null, ist der natürliche Rhytmus noch in Takt. Hier kommt es einem so vor, als würden die Uhren langsamer ticken. Während eines nationalen Feiertages, dem "Education of God" ist hier die gesamte Bevölkerung auf den Beinen. In aufwendigen Zeremonien strömen die Leute bepackt mit zahlreichen Gaben in Richtung der Tempel. Unauffällig in Mitten der Mengen zu sitzen und dem Treiben zuzusehen ist grandios. Ein paar Tage später werde ich sogar in Balis heiligstem Tempel, dem Besakih, gesegnet. Mir treibt es die Schamesröte ins Gesicht.




Mindestens genauso interessant wie die lokalen Bräuche ist aber die Besteigung des noch aktiven Vulkans Ganung Batur, der nicht zuletzt wegen seiner zahlreichen Ausbrüche viele Seiten in den Geschichtsbüchern Balis füllt.
Um 3:30 Uhr klingelt der Wecker. Meine Augen sind wie verklebt. Erst nach einem kräftigen Zug bin ich in der Lage, einen Blick auf die Uhr zu werfen. Nach einer kalten Dusche mache ich mich auf zum Treffpunkt, um zusammen mit einer kleinen Gruppe aus Deutschen, Franzosen und Russen die Besteigung in Angriff zu nehmen. Zwei Tourguides werden uns begleiten. Pünktlich zum Sonnenaufgang sind wir zu einer kleinen Rast unterhalb des Kraters. Tief unter uns eine dichte Wolkendecke, die nur noch durch den gegenüberliegenden Ganung Agung, mit über 3100 Metern Balis höchster Berg, durchbrochen wird. Dank der klaren Sicht kann man am Horizont die weißen Umrisse der höchsten Erhebungen der Nachbarinsel Lombok sehen. Beeindruckt und in völliger Stille genießen wir dieses großartige Naturspektakel. Ein gemeinsames Frühstück in einer kleinen Bergehütte, dann gehts hinauf zur Kraterwandung. Auf schmalen Pfaden umwandern wir den riesigen Krater, sehen aktive Spots und die verschiedenfarbigen erkalteten Lavaströme der vergangenen Ausbrüche. Eine erlebnisreiche Tour mit fantastischen Leuten findet gegen Mittag ihr Ende.
  



In den darauffolgenden Tagen kehre ich Step by Step wieder zu meinem Ausgangsziel Kuta zurück. Allmälig verschwindet das freundliche Lächeln aus den Gesichtern der Menschen und der altbekannte Trubel hält Einzug. Bali ist zweifelsohne der krönende Höhepunkt meiner bisherigen Asienreise und wird immer seinen Platz in meinen Gedanken haben. Sehr dankbar über all das, was ich hier lernen durfte, bereite ich mich auf den Abflug nach Singapore vor und freue mich schon sehr, bald Alex und Ben in Auckland zu treffen..



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