Dienstag, 13. September 2011

Neue Wege gehen..

Kennt ihr den Moment, ein altbekanntes Lied zu hören, mit dem ihr viel verbindet? Dieses Gefühl, all die Emotionen und Erinnerungen, sind für einen Augenblick wieder allgegenwärtig. Wie bei einer Zeitreise. Manchmal scheint es, als wäre es mit Musik möglich Momente zu konservieren, zumindest verbindet man sehr viel mit ihr. Egal ob es sich gut anfühlt oder ob es schmerzt.
Seit Längerem nun flammt immer wieder etwas in mir auf, wenn ich Lieder aus meiner Zeit in Amerika höre. Es schürt das Fernweh in mir und ist oft der Beginn von Träumerei. Plötzlich finde ich mich an ganz bestimmten Orten wieder. Das gibt ein gutes Gefühl. Eines, das mich in Richtung neuer Ziele lenkt - ganz wie von selbst. Ich beginne mich zu fragen wie es wäre, wieder einmal alles um mich herum loszulassen - all die „Sicherheiten“ aufzugeben - und den Weg ins Ungewisse zu wagen. Raus aus dem stetig gleichbleibenden Takt des Alltags und rein ins Abenteuer..


Ja, wie ihr großenteils schon wisst, wird es mich nach monatelanger Vorbereitung und entgegen mancher Widerstände noch einmal in die Ferne ziehen. Die Gründe dafür sind vielseitig. Natürlich ist es die Verwirklichung eines Lebenstraumes, der vor fast sieben Jahren seinen Ursprung fand, dass Erkunden eines Erdteiles, der mich schon immer sehr gereizt hat. Aber viel mehr hat sich in letzter Zeit das Gefühl verstärkt, menschlich und gesellschaftlich noch einmal über den Tellerrand hinaus schauen zu wollen. Eine andere Seite kennen zu lernen. Andere Ansichten und Werte als die, die in unserer Gesellschaft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Fernab von ständigem Vergleich und materiellem Denken, das sich eben nur an der Oberfläche bewegt.
Wie gesagt, sieben lange Jahre ist es her, als der Gedanke an einen solchen Trip das erste Mal aufkam. Eine lange Zeit und irgendwie schien es schon, als würde sich dieser Traum nicht in die Realität umsetzen lassen. Bis sich die Tür einen kleinen Spalt weit auftat und Lichtstrahlen das schon tief verborgene Vorhaben erhellten.
Sämtliche Energie steckte ich vorerst jedoch in das Schreiben meiner Bachelorarbeit. Und diese hatte ich keine zwei Wochen zuvor erfolgreich verteidigt, da begannen sich die Ereignisse zu überschlagen. Ein Professor bot die Möglichkeit einer Firmenbesichtigung in China an, ein paar Tage später fragte mich Alex, ob die Neuseelandpläne noch aktuell wären. Oft hatten wir gemeinsam von Neuseeland geträumt. Und so lagen das Ende der Firmenbesichtigung und das frühestmögliche Treffen in Neuseeland gerade einmal zwei Monate auseinander. Warum nicht verbinden? Das war mein erster Gedanke. Und seitdem rollt der Stein gewaltig. Es wurde geplant, gearbeitet, gespart, organisiert und vor allem wurden viele Gespräche geführt.

Die Resonanz dieses Trips ist groß, denn viele Leute träumen vom Reisen. Man teilt Erfahrungen aus, Eindrücke und Erinnerungen. Auf Reisen zu sein bedeutet stetiger Wandel. Loslassen. Ein sich Hingeben in die Welt vorher nicht für möglich gehaltener Momente. That´s it! Und das macht es so besonders..
Und so möchte ich denjenigen, die lange versuchten mir dieses Vorhaben auszureden, sagen: Ein Leben reduziert sich meiner Meinung nach nicht auf die Abarbeitung von vermeintlich perfekt aneinander gereihten Karriereschritten und dem ständigen Streben nach Anerkennung in unserer Leistungsgesellschaft. Es ist viel mehr als das! Eben auch die Verwirklichung von persönlichen Träumen und Zielen. Es bedeutet, Dinge auch mal laufen und einfach geschehen zu lassen und nicht ständig nach unseren Vorstellungen verändern zu wollen. Vollkommen urteils- und wertfrei Momenten zu begegnen, an denen du wirklich spürst, was es bedeutet zu leben. So intensiv, so unbefangen und frei, dass sie für ewig bleiben.
Einen perfekten Zeitpunkt für mein Vorhaben wird es von dieser Betrachtungsweise aus also wahrscheinlich nie geben. Wieso tust du dir das an? Wie sieht das denn im Lebenslauf aus? Willst du deine Kompetenzen nicht lieber nutzen und arbeiten gehen, du könntest ein gutes Leben führen? Ich kann es kaum noch hören. Einige erzählen mir gar, dass sie von Ähnlichem träumen, es aber nicht können. Wie sehr sie den Entschluss bewundern, es einfach zu tun, sie selbst würden es nie schaffen loszulassen. Und so bleibt das krampfhafte Festhalten an vorgeschriebenen Mustern. Dieses Herdendenken, die anderen machen es ja genauso. Einer Abweichung von dem vorgeebneten Weg wird mit Skepsis gegenüber gestanden. Allein bei dem Gedanken, sich von dem Gewohnten loszureißen und etwas Neues auszuprobieren wird durch den Zustand der Ungewissheit die Bereitschaft zur Veränderung unterdrückt. Die pure Inflexibilität. Aus Angst. Weil wir meinen, die Zukunft wäre nicht mehr greifbar. Weil das Einzige, was uns dann noch bleibt, das Hier und Jetzt ist. Aber wir leben nicht in der Vergangenheit oder der Zukunft, sondern Jetzt. Alles andere ist blanke Theorie. Und so denke ich manchmal an die kleinen flauschigen Küken, wenn sie es endlich geschafft haben, die Eierschale zu durchbrechen und in ihrer ganzen Hilflosigkeit erstmals das Licht der Welt erblicken. Klammern sie sich an ihrer Schale fest, um Schutz zu suchen? Im Gegenteil, sie springen heraus und wackeln in die weite Welt. Ganz unbefangen. Und mal ehrlich: Ich finde, sie sehen glücklich aus dabei.. ;)
Entscheidend wird nie sein, was wir tun. Sondern das es uns glücklich macht. Nachhaltig. Das es uns fasziniert und persönlich weiter bringt. Denn nichts auf dieser Welt bietet endgültige Sicherheit. Nichts ist für die Ewigkeit, alles ist vergänglich. Und das ist auch gut so. Denn die Zerstörung birgt ein Geschenk in sich. Zerstörung ist der Weg zum Wandel. Zur Veränderung. Nur durch den Anblick von Hell und Dunkel, durch das Gehen verschiedenartiger Wege, werden uns neue Tore geöffnet. Nicht indem ich stets das gleiche tue. Und so geht es immer weiter. Wie im Kreislauf der Natur, wenn sie jedes Jahr aufs Neue unentwegt von Vorn beginnt. Ein ständiges Kommen und Gehen. Was im Frühling erschaffen, wird im Herbst wieder verworfen. Nur durch den kalten Winter freuen wir uns auf den warmen Sommer. Glück bleibt eben eine Kontrasterscheinung! Und Kontraste entstehen nicht im gleichmäßigen Grau des Alltags.
Und so ist wohl selbst der Tod als eine der größten Bereicherungen unseres Lebens zu sehen. Durch ihn ist unsere Zeit begrenzt. Erst durch ihn wird unser Leben so unglaublich wertvoll. Ein Grund mehr, ganz du selbst zu sein - dein Leben zu leben - und nicht das irgendeines anderen!
Schaut mich an: Ich bin ein Kindskopf, ein Träumer und werde es womöglich auch immer bleiben. Ob das richtig ist oder falsch, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht gibt es das auch gar nicht. Das Wichtigste aber: Ich bin ich! Und versuche immer an mich zu glauben! An meine Gefühle, meinen Bauch und das Schicksal.
Und mal ganz nebenbei. Natürlich habe auch ich berufliche Ziele, die ich verwirklichen möchte. Alles der Reihe nach. Für meine Karriere bleibt ja auch noch genug Zeit. Zum Geldverdienen auch. Und ich werde meinen Weg gehen, davon bin ich überzeugt. Mit den gesammelten Erfahrungen im Gepäck gehe ich ihn dann womöglich noch unbeschwerter. Denn wie sagt man doch immer so schön: Der Weg ist das Ziel. Stimmt. Nur wenn ich an etwas festhalte, mich an etwas klammere, verhindere ich doch jegliche Bewegung. Wie soll ich dann weitere Schritte machen? Im Prinzip beraube ich mich meiner eigenen Freiheit.

In einer Woche werde ich meine große Reise also antreten. Mit Impfstoff im Wert von mehreren hundert Euro im Körper (ich fühle mich schon fast wie ein Junkie) und einer noch viel teureren Ausrüstung. Mein Weg wird mich zunächst nach Hong Kong und von dort aus mit Bus und Bahn bis tief ins chinesische Hinterland führen. Tausende Kilometer weit. Vorbei an den typischen Karsthügeln und den großen Reisplateaus bis in die entlegensten Bergdörfer am Fuße des Himalaya, wo ich eine Zeit im Tempelkloster verbringen möchte. Ich freue mich sehr auf den ersten Kontakt mit dem Buddhismus und den Menschen, die ihn leben. Schon meine Vergangenheit lehrte mich, unveränderliche Dinge zu akzeptieren und meine Energie sinnvoll einzusetzen. In diesem Umfeld, geprägt von völlig anderen Sichtweisen und Glaubensansätzen, werde ich sehr viel dazu lernen, da bin ich mir sicher. Die Regionen, in denen ich mich aufhalten werde, gelten überwiegend als touristisch unerschlossen. Ein Kontakt wird also während dieser Zeit nur schwer möglich sein!
Nach der Ruhe und Besinnung geht’s dann weiter ins turbulente Bangkok und dann von Nord nach Süd durch Thailand bis nach Malaysia. Wenn ich an Thailand denke, träume ich von atemberaubenden Landschaften, traumhaft schönen Stränden, einer faszinierenden Kultur und außergewöhnlichem Essen. Meine letzte Station in Asien wird dann die Insel Bali in Indonesien sein, bevor wir uns am anderen Ende der Welt in Neuseeland treffen, um auch dieses Land von Nord nach Süd zu durchqueren. Nach ein paar Monaten wollen wir nach Australien übersetzen um der Sonne nachzureisen. Vielleicht ein halbes Jahr lang. Alex und Ben, ich freue mich auf eine unvergessliche Zeit mit euch. Auf Freiheit. Und ich kann es kaum erwarten, endlich mit euch im Bulli zu sitzen. Where ever the road takes us..
Bevor ich fliege möchte ich noch ein paar Abschiedsgrüße loswerden. An Menschen, die mir wichtig sind und die ich zweifelsohne auch vermissen werde. Ich werde versuchen, einmal im Monat ein Lebenszeichen zu senden. Sei es hier im Blog oder anderweitig.
Danke für die schöne Zeit bis hierher. Für die wunderbaren Momente in der Natur, besonders am See. Für all das, was hier in und um Jena so passiert ist. Die tollen Abende, Biken, Para, Tanzen im Kassa bis es hell wird und früh am Morgen der erste Zug dicht am Fenster vorbeirauscht.. Für noch so viel mehr! All das wird mir fehlen. Alles alles Gute für euch!
Also auf diesem Weg nochmal einen dicken Abschiedsgruß an die Familie, allen Freunden, Sportsfreunden, Kommilitonen oder Bekannten. Keine Sorge, ich pass auf mich auf.
Und schon mal beste Grüße nach Hong Kong. Packen wir es an und machen was ganz großes draus! Das wird eine tolle Zeit. Mitch hoffentlich klappt das, das wär riesig. Das Hausboot liegt dann hoffentlich schon im Hafen ;)
Alles Gute auch dem SV für die laufende Spielzeit. Kopf hoch und viel Erfolg Jungs, macht sie nieder. „Nur der SV Schott“ :)
Und bei allen Mitarbeitern und Besuchern, besonders den Stammgästen unseres Saunatempels im GalaxSea möchte ich mich für den herzlichen Abschied bedanken. Eine wunderbare Überraschung. Lucifer wird sich nun erst mal für ein Jahr verabschieden..

Also, bye bye Germany. Und bis bald!

SD